Eisenbahnbrücke bei Oppenau: L94 wird nicht tiefergelegt

Regierungspräsidium hält Löcherbergroute auch mit temporären Maßnahmen als Umfahrung möglich

Die L 94 wird unter der Bahnbrücke bei Oppenau nun doch nicht tiefergelegt. Die Stadt Zell hatte die Pläne für den Ausbau der Straße einst ins Spiel gebracht, um für die Zeit der Vollsperrung der Ortsdurchfahrt Unterharmersbach eine Ausweichstrecke für den Schwerlastverkehr zu erhalten. Das Regierungspräsidium hält dafür temporäre Maßnahmen an der Straße für ausreichend.

Während die Bauarbeiten zur Sanierung der Ortsdurchfahrt Unterharmersbach (L 94) zügig vorankommen, sorgt die Umfahrung der Baustelle immer wieder für Gesprächsstoff.  Ende November wurde in einer Informationsveranstaltung bekanntgegeben, dass nun doch 2018 eine rund viermonatige Vollsperrung der Hauptstraße in Unterharmersbach nötig wird.  Da in dieser Zeit intensiv an der Straße gearbeitet werden kann, verringert sich die gesamte Bauzeit um rund ein Jahr. Der Verkehr soll in dieser Zeit innerörtlich über die Sportstättenstraße umgeleitet werden (wir berichteten).

Diese innerörtliche Umleitung kann dank Ampelregelungen von Fahrzeugen bis 21 Meter Länge befahren werden. Ob Fahrzeuge mit Überlänge – vor allem Langholzer – in dieser Umleitung die Kurve kriegen, kann die Stadt Zell nicht garantieren. Für solche Fälle verwies sie auf die Alternative Löcherberg, eine Route, die auch heute schon von Langholzfahrzeugen genutzt wird. 

Bahn stimmte zu

Um die Fahrt solcher Fahrzeuge durchs Nadelöhr Eisenbahnunterführung Oppenau einfacher zu machen, hatte Zell angeregt, die L 94 in diesem Bereich tieferzulegen. Die Bahn stimmte im Juni einer Tieferlegung der L 94 im Bereich der Eisenbahnbrücke bei Löcherberg zu. 
Aus diesen Plänen wird nun nichts. Das gaben sowohl Oppenaus Bürgermeister Uwe Gaiser sowie Oberharmersbachs Bürgermeister Siegfried Huber in ihren jeweiligen Gemeinderatssitzungen bekannt. 
Gaiser und Huber zitierten dabei aus einem Schreiben von Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer, das diese Landrat Frank Scherer mit Datum 7. Dezember zukommen ließ. Im Verteiler waren auch die von den Plänen betroffenen Gemeinden. Das Regierungspräsidium Freiburg sehe die Gefahr, dass sich durch den Ausbau der L 94 Verkehrsströme dauerhaft verlagern könnten. Zudem könne die Maßnahme nicht kurzfristig durchgeführt werden. Schäfer ist auch der Meinung, dass »durch geringfügige und temporäre Veränderungen an der Straße bei der Unterführung eine Durchfahrbarkeit für nahezu sämtliche Langholzfahrzeuge ermöglicht werden kann«. 
 
"Neue Betroffenheiten"

Die Verlagerung der Verkehrsströme ist aber nicht der alleinige Grund, weshalb die zuständige Behörde das Projekt nicht weiter verfolgen wird, erklärt Daniel Guldenschuh vom Baureferat des Regierungspräsidiums auf Anfrage. 
Die L 94 hätte bei Löcherberg auf einer Länge von 160 Metern tiefergelegt werden müssen, um langen Lastwagen die Durchfahrt unter der mit einer Höhe von 3,70 Metern angegebenen Bahnbrücke zu ermöglichen. »Wir hätten die Strecke jetzt im Winter für vier- bis sechs Wochen voll sperren müssen, um bis April fertig zu sein«, erläutert Guldenschuh. Dann soll die Sperrung in Unterharmersbach beginnen. Die Vollsperrung der L 94 für die Tieferlegung der Straße hätte aber neue Betroffenheiten geschaffen, vor allem für Pendler. Es sei zudem möglich, dass künftig die L 94 dort auch von ortsunkundigen Lkw-Fahrern genutzt worden wäre, die Straße sei dafür aber nicht geeignet. 

Die geplante innerörtliche Umfahrung in Unterharmersbach könnte Fahrzeugen über 21 Meter Länge, vor allem Holztransportern, Probleme bereiten. Genau diese hätten in der Vergangenheit aber schon bewiesen, dass sie mit »Tricks« wie dem Verlegen des Fahrzeugkrans, die Bahnbrücke bei Löcherberg passieren können. Die Nutzung der Ausweichstrecke sei für sie also auch ohne Tieferlegung der Straße möglich, so Guldenschuh. 
Der Planer beim Regierungspräsidium Freiburg hat auch schon eine Lösung in der Hinterhand, falls das alles doch nicht klappt. Guldenschuh will dann mit einem neutralen Fuhrunternehmen den Praxistest machen. Zur Not könne nicht nur die Geschwindigkeit im Bereich der Brücke auf fünf Km/h reduziert werden. Auch ein kurzfristiges Abfräsen des Straßenbelags um fünf bis zehn Zentimeter sei möglich. »Ich bin guter Dinge, dass diese temporären Lösungen funktionieren«, betont Daniel Guldenschuh. Über eine dauerhafte Entschärfung der Engstelle könne man sich dann in Ruhe Gedanken machen. Dazu gehöre auch ein Anhörungsverfahren.
»Wir sind über die Entscheidung nicht böse«, kommentiert Oppenaus Bürgermeister Uwe Gaiser den Verzicht auf die Tieferlegung der Straße. 

»Chance vertan«

Zells Bürgermeister Günter Pfundstein hingegen bedauert die Entscheidung aus Freiburg.  »Hier wurde eine einmalige Chance vertan«, betont Pfundstein und ist verwundert über die jetzige Entwicklung, »da die ursprüngliche Idee der Tieferlegung vom Regierungspräsidium selbst gekommen ist«. Pfundstein erinnert auch daran, dass die Beseitigung dieses Nadelöhrs seit vielen Jahren gefordert wurde, bei den Begehungen im Sommer hätten auch die Renchtalgemeinden die Maßnahme begrüßt. 
Die Argumente der Umfahr­ungsgegner kann Pfundstein nicht wirklich nachvollziehen: »Einerseits zieht man die Befahrbarkeit der Straße über den Löcherberg durch Schwerlastverkehr in Zweifel, andererseits befürchtet man jetzt eine massive Verlagerung des Lkw-Verkehrs.« 

Zells Bürgermeister bezweifelt auch, ob das Problem wirklich so groß sei. Schon jetzt würden Langholzfahrzeuge ihren Weg über den Berg finden. Sogar als 2016 die Straße komplett gesperrt war. Pfundstein bedauert den Widerstand aus Oberharmersbach und hätte sich gewünscht, dass gemeinsam nach einer Lösung gesucht worden wäre. 

Autor: Dietmar Ruh/Simon Allgeier, Offenburger Tageblatt